20.2.05

Was ist Reflektieren? Was ist Reflexion?

Benützte Quellen:
DUDEN Wörterbücher, http://profi-l.net/2007-01-denkspiegel/reflektieren-was-soll-das

Beide Wörter sind aus dem Lateinischen hergeleitet - aus reflexio (Zurückbeugung), aus reflectere (zurückbiegen, zurückwenden) bzw. aus der Wendung animum reflectere (seine Gedanken auf etwas hinwenden) - und kommen seit dem 17. Jahrhundert in der deutschen Sprache vor. Sie haben 2 Bedeutungen: man bezeichnet mit ihnen 1. physikalische und 2. psychologische bzw. philosophische Gegebenheiten.

Reflektieren heisst: 1. zurückstrahlen, spiegeln; 2. nachdenken, erwägen, grübeln.
Reflexion heisst: 1. Das Zurückstrahlen oder Zurückwerfen (von Licht, Schall, Wärme, elektromagnetischen Wellen) an einer Oberfläche; 2. Nachdenken; Überlegung; Vertiefung in einen Gedankengang; Betrachtung, die jemand an etwas knüpft; vergleichendes und prüfendes Denken.

Im Folgenden geht es ausschliesslich um Reflektieren bzw. Reflexion als Nachdenken (2. Bedeutung).

Nachdenken ist etwas Alltägliches. Wir denken laufend nach und müssen es uns nicht jedesmal vornehmen. Wir "wissen" auch nicht genau, wie es abläuft. Das Gehirn tut es "von alleine". Denken und Nach-Denken sind ja sein "Kerngeschäft", das wir ihm in der Regel ohne bestimmte Vorgaben überlassen.

Reflektieren könnte man als die "bewusste Weiterentwicklung des gewohnheitsmässigen Nachdenkens" bezeichnen. Reflektieren wird am treffendsten als "Diszipliniertes Nach-Denken" umschrieben. Diziplin heisst: auf Ordnung bedachtes Verhalten; Unterordnung, bewusste Einordnung; das Sichunterwerfen unter eine bestimmte Ordnung; das bewusste Einhalten von bestimmten Vorschriften oder Verhaltensregeln. Reflektieren ist also ein geordnetes, sich an gewisse Vorgaben haltendes Denken, sozusagen eine "Kunstform des alltäglichen Nachdenkens".

Sowohl das alltägliche Nachdenken als auch das Reflektieren sind auf den Gewinn von Erkenntnissen gerichtet. Diese wirken sich auf unser Tun und Lassen (Handeln) aus. Die Geschichte der Menschheit zeigt, dass Nachdenken und Reflektieren laufend zu neuen Errungenschaften führt und gleichzeitig nicht verhindert, dass die Menschen grosse Fehler begehen. Warum ist denn der Mensch so scharf auf Erkenntnisgewinn? Weil Erkenntnis befriedigend und lustvoll ist.

Zum Reflektieren als "Diszipliniertes Nach-Denken" gilt:

  • Bevor man nach-denken kann, müssen schon Denkprozesse abgelaufen sein - man hat etwas erlebt, gesehen, gehört, getan und es im Gedächtnis gespeichert und/oder aufgeschrieben oder auf Datenträgern abgelegt, wo man es als "Material" wieder hervorholen kann.
  • Wenn man diszipliniert nach-denken will (und bevor man dies tun kann), muss man sich dafür die Anweisungen geben, die man einhalten will (manchmal bekommt man diese geliefert, z.B. zusammen mit einer Aufgabe).
  • Wenn man nach-denkt, muss man sich selber immer wieder kontrollieren, ob man die dafür aufgestellten Anweisungen einhält.
  • Gegendstand des Nach-Denkens kann alles sein, was dynamisch ist, d.h. was eine zeitliche Dimension hat und was sich verändert. "Nach-Denken" ist nicht nur "nachher denken", sondern auch "etwas gedanklich nach-folgen, verfolgen". Was nicht reflektiert werden kann, ist alles Statische, z.B.: a2 + b2 = c2 (Satz des Pythagoras) - Die Wellenlänge des Sonnenlichts - Die Form des Wassermoleküls - 220 V aus der Steckdose.
  • Beliebter, aber nicht alleiniger Gegenstand des Reflektierens ist das menschliche Handeln, Verhalten oder Tun - nicht nur das eigene (Selbstreflexion), sondern auch das fremde. Für das Handeln ist das Dynamische (Ablauf in der Zeit, Veränderung) typisch. Es kann vergangenes oder zukünftiges, nicht aber aktuelles Handeln reflektiert werden. Aktuelles Handeln kann nur wahrgenommen, aber nicht reflektiert werden, denn das "Jetzt" ist immer schon vorbei.

Reflektieren ist eine Kunst! Es braucht dafür "Wissen-wie" und viel Übung. Folgende Schritte sind auszuführen:

  1. a. Den Zweck des Reflektierens eingrenzen: Es geht immer um Erkenntnis - aber um welche genau? (Zusammenhänge? Erklärungen? Gründe? Fragen? Hypothese? Regeln?) b. Auswahl eines Gegenstandes, Themas. 1a und 1b gehen Hand in Hand.
  2. a. Das "Material", das nach-gedacht wird, bereitstellen. Es ist in irgend einer Form schon da, muss aber - bildlich gesprochen - auf den Arbeitstisch geholt werden. b. Erstellen oder Vergegenwärtigen der Anweisungen zum Nach-Denken. 2a und 2b gehen Hand in Hand.
  3. a. Nach-Denk-Regeln auf das "Material" anwenden. b. Die Anwendung der Regeln laufend überprüfen. 3a und 3b gehen Hand in in Hand.
  4. a. Erkenntnisse festhalten. b. Danach schliesst sich unter Umständen an, aus den Erkenntnissen Konsequenzen für das zukünftige Handeln zu ziehen oder Verallgemeinerungen, Regeln, Lehren zu formulieren.

Reflektieren ist eine bewusst gesteuerte geistige (kognitive) Aktivität und Leistung. Voraussetzungen dafür sind ein funktionierendes Gehirn, Intelligenz, Sprache und zu reflektierendes "Ausgangsmaterial". Reflektieren kostet Zeit. Reflektieren ist von anderen kognitiven Aktivitäten und Leistungen wie Wahrnehmen, Beobachten, Analysieren, Meditieren, Memorieren zu unterscheiden.

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Eintrag letztmals aktualisiert am 19. März 2008.


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